Ein Balkonkraftwerk ist eine kleine Photovoltaikanlage, die auf Balkonen, Terrassen oder an Fassaden montiert wird. Im Gegensatz zu freistehenden Solaranlagen werden Balkonkraftwerke nicht ins Stromnetz eingespeist, sondern dienen nur der Eigenversorgung.
Wenn von einem rückwärtslaufenden Zähler die Rede ist, bedeutet das, dass sich der Zählerstand durch die Einspeisung von Solarstrom verringert, anstatt zu erhöhen. Man würde also Strom ins Netz einspeisen können und dafür Geld vom Netzbetreiber bekommen, statt selbst für den Verbrauch zu bezahlen.
In diesem Artikel schauen wir uns an, wie ein Zähler funktioniert, welche Vorteile ein rückwärtslaufender Zähler hätte und warum dies in Deutschland aktuell rechtlich nicht möglich ist. Außerdem gehen wir der Frage nach, ob sich das in Zukunft ändern könnte.
Funktionsweise eines Stromzählers
Es gibt grundsätzlich zwei verschiedene Arten von Stromzählern:
Traditionelle Ferraris-Zähler
Dies ist der klassische einphasige Induktionszähler, der in den meisten Haushalten in Deutschland zum Einsatz kommt. Er funktioniert nach dem Ferraris-Prinzip. Im Zähler befinden sich eine Spule und ein rotierender Aluminiumzylinder. Wenn Strom durch die Spule fließt, erzeugt dies ein Magnetfeld, welches den Zylinder antreibt. Die Umdrehungen werden gezählt und so der Stromverbrauch gemessen.
Diese Ferraris-Zähler sind unidirektional, d.h. sie messen nur den Stromfluss in eine Richtung - vom Netz zum Verbraucher. Eine Rückwärtszählung beim Einspeisen von Strom ist nicht möglich.
Moderne Smart Meter
Neuere Smart Meter basieren auf digitaler Messtechnik und haben keine rotierenden Teile mehr. Sie können bidirektional messen, d.h. sie können Stromfluss in beide Richtungen erfassen. Damit wäre auch eine Rückwärtszählung beim Einspeisen von Strom von einem Balkonkraftwerk prinzipiell möglich.
Insgesamt misst ein Stromzähler den Gesamtstrom, der durch ihn hindurchfließt. Durch Zählen der Perioden der Wechselspannung kann er den Verbrauch in Kilowattstunden berechnen. Bei Smart Metern geschieht dies digital, bei Ferraris-Zählern über die mechanische Zählung der Umdrehungen.
Bedeutung eines rückwärts laufenden Zählers
Wenn der Zähler eines Balkonkraftwerks rückwärts läuft, bedeutet das, dass das Balkonkraftwerk mehr Strom erzeugt als der Haushalt selbst verbraucht. Der überschüssige Strom wird dann ins öffentliche Stromnetz eingespeist.
Ein rückwärts laufender Zähler zeigt also an, dass das Balkonkraftwerk nicht nur den Eigenbedarf des Haushalts deckt, sondern sogar noch zusätzlichen Strom produziert, der ins Netz eingespeist werden kann. Dies ist ein Zeichen für eine sehr effiziente Stromerzeugung des Balkonkraftwerks.
Wenn die Einspeisung die Entnahme übersteigt, dreht sich der Zähler rückwärts. Er zählt also den Stromverbrauch aus dem Netz und die Einspeisung in das Netz getrennt. Die Bilanz aus Einspeisung und Entnahme ergibt den Gesamtenergiefluss zwischen Balkonkraftwerk und Netz.
Ein rückwärts laufender Zähler zeigt also an, dass das Balkonkraftwerk nicht nur kostengünstigen Solarstrom für den Eigenverbrauch erzeugt, sondern sogar noch einen Überschuss, der ins Netz eingespeist werden kann. Dies ist ein Zeichen für eine sehr effiziente Nutzung der Solarmodule.
Die Vorteile eines rückwärts laufenden Balkonkraftwerkzählers
Ein rückwärts laufender Zähler hat einige klare Vorteile für den Betreiber eines Balkonkraftwerks:
Geringere Stromrechnung
Wenn dein Balkonkraftwerk mehr Strom produziert als du verbrauchst und der überschüssige Strom ins Netz eingespeist wird, dreht sich dein Zähler zurück. Das bedeutet, dass sich dein Stromverbrauch und damit deine Stromrechnung effektiv verringern. Statt für Strom aus dem Netz zu bezahlen, wirst du für deinen Überschussstrom sogar noch vergütet.
Je nachdem, wie viel Solarstrom dein Balkonkraftwerk erzeugt, kannst du durch einen rückwärts laufenden Zähler ordentlich bei den Stromkosten sparen. Viele Anlagen amortisieren sich so bereits nach wenigen Jahren.
Rechtslage in Deutschland
In Deutschland ist es derzeit rechtlich nicht erlaubt, dass der Zähler eines Balkonkraftwerks rückwärts läuft, auch wenn dies technisch möglich wäre. Der Grund dafür ist, dass Privathaushalte ihren selbst erzeugten Solarstrom nicht direkt selbst verbrauchen dürfen, sondern komplett in das Stromnetz einspeisen müssen. Sie erhalten dafür eine Einspeisevergütung.
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) regelt, dass jeder private Haushalt den Strom aus einer Solaranlage mit weniger als 10 kWp Leistung vollständig einspeisen muss. Es gibt also keine Möglichkeit, den selbst erzeugten Strom selbst zu nutzen, wenn man eine EEG-Vergütung erhalten möchte.
Anstatt eines rückwärts laufenden Zählers gibt es ein Anreizsystem: Für jede eingespeiste Kilowattstunde erhält man eine festgelegte Einspeisevergütung. Dieser Betrag wird dann mit der entnommenen Strommenge verrechnet.
Diese Regelung sorgt dafür, dass auch Kunden ohne eigenen Solarstrom Zugang zu günstigem Ökostrom haben. Sie soll aber bald abgeschafft werden. Ab 2022 ist geplant, ein "Recht auf selbstgenutzten Solarstrom" einzuführen. Dann könnte auch in Deutschland die Option bestehen, den Zähler rückwärts laufen zu lassen.
Herausforderungen
Obwohl ein rückwärtslaufender Zähler viele Vorteile mit sich bringt, gibt es in Deutschland derzeit noch einige Herausforderungen bei der Umsetzung.
Kosten
Die größte Herausforderung sind die Kosten. Um einen Zähler rückwärts laufen zu lassen, ist in der Regel der Einbau eines intelligenten Messsystems (Smart Meter) nötig. Ein solcher Zähler kostet zwischen 100 und 200 Euro. Da die Smart Meter Pflicht in Deutschland schrittweise eingeführt wird, müssen die meisten Haushalte diesen Zählerwechsel selbst bezahlen.
Für viele ist das eine große Investition, besonders weil die Amortisation dieser Kosten oft erst nach mehreren Jahren erreicht wird. Zudem kommen Installationskosten hinzu, wenn der Zählerwechsel von einem Techniker durchgeführt werden muss.
Technische Umsetzung
Auch die technische Umsetzung eines rückwärts laufenden Zählers ist nicht ganz trivial. Oft ist ein Austausch des Zählers nötig, da ältere Ferraris-Zähler die Rückwärtsmessung nicht unterstützen. Auch die Messung der eingespeisten Energie und die Kommunikation mit dem Netzbetreiber müssen gelöst werden.
Für Privathaushalte bedeutet das einen hohen Initialaufwand. Der eigentliche Betrieb mit rückwärtslaufendem Zähler ist zwar simpel, aber die Installation und Inbetriebnahme erfordert Fachwissen. Deshalb schrecken viele vor den Hürden am Anfang zurück.
Lösungsansätze
Es gibt einige mögliche Lösungsansätze, um die gesetzlichen Hürden für rückwärts laufende Zähler von Balkonkraftwerken in Deutschland zu überwinden:
Zählerwechsel
Ein naheliegender Lösungsansatz ist der Wechsel zu intelligenten Stromzählern, sogenannten Smart Metern. Diese können nicht nur den Verbrauch und die Einspeisung getrennt messen, sondern Daten auch digital übertragen. Damit wäre eine getrennte Erfassung von Bezug und Einspeisung möglich, ohne dass der Zähler rückwärts laufen müsste. Allerdings ist hierfür zunächst ein flächendeckender Austausch der alten Ferraris-Zähler gegen Smart Meter erforderlich, was mit Kosten und logistischem Aufwand verbunden wäre.
Anpassung der Gesetze
Langfristig sinnvoll wäre eine Anpassung der gesetzlichen Regelungen an die neuen technischen Gegebenheiten. In anderen Ländern ist ein rückwärtslaufender Zähler bereits erlaubt. Eine Öffnung auch in Deutschland würde Balkonkraftwerksbetreiber begünstigen und einen Anreiz für diesen Beitrag zur Energiewende schaffen. Allerdings müssten dafür die Bedenken der Energieversorger bezüglich Abrechnung und Netzstabilität berücksichtigt werden. Mit intelligenter Steuerungstechnik und angepassten Geschäftsmodellen ließe sich dies lösen.
Ausblick: Balkonkraftwerke als Baustein der Energiewende
Die Idee, dass jeder Haushalt seinen eigenen Solarstrom erzeugen und sogar ins Netz einspeisen kann, ist faszinierend und zeigt das große Zukunftspotenzial von Balkonkraftwerken. Sie können einen wichtigen Beitrag zur Energiewende in Deutschland leisten.
Wenn die gesetzlichen Rahmenbedingungen angepasst werden und eine Einspeisung von Überschussstrom ins Netz möglich wird, könnten Millionen von Balkonkraftwerken entstehen. Dies würde nicht nur die Energieversorgung dezentralisieren, sondern auch das Bewusstsein für erneuerbare Energien in der Bevölkerung stärken.
Jeder einzelne Haushalt hätte dann die Möglichkeit, seinen Teil zur Erreichung der Klimaziele beizutragen. Dies würde die Akzeptanz für die Energiewende erhöhen. Viele Menschen wären motiviert, selbst aktiv zu werden, anstatt die Verantwortung nur auf die Politik und Energieversorger abzuwälzen.
Die Technologie von Balkonkraftwerken wird sich in den kommenden Jahren noch weiter verbessern. Höhere Wirkungsgrade und sinkende Preise werden sie noch attraktiver machen. Sollten die gesetzlichen Hürden fallen, könnte eine neue Ära der dezentralen und bürgernahen Stromerzeugung beginnen.
Fazit
Die Möglichkeit, dass der Zähler eines Balkonkraftwerks durch die Einspeisung überschüssigen Stroms rückwärts läuft, ist faszinierend und verheißungsvoll. Sie verkörpert den Gedanken, dass jeder Haushalt zum Produzenten sauberer Energie werden kann. Allerdings ist dies in Deutschland momentan rechtlich nicht möglich. Dennoch lohnt es sich, die Entwicklung neuer Technologien und Geschäftsmodelle in diesem Bereich im Auge zu behalten.
Langfristig können rückwärts laufende Zähler in Verbindung mit Balkonkraftwerken einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten. Wenn jeder Haushalt zumindest einen Teil seines Strombedarfs selbst decken kann, wird die Abhängigkeit von wenigen großen Energieversorgern verringert. Die dezentrale Stromerzeugung kann das Netz entlasten.
Um diese Zukunftsvision zu verwirklichen, braucht es innovative Ansätze und die Bereitschaft, gewohnte Strukturen zu überdenken. Sowohl Gesetzgeber als auch Energiebranche sind gefordert, ihren Teil zur Weiterentwicklung beizutragen. Für Verbraucher lohnt es sich, die Entwicklungen aufmerksam zu verfolgen und sich aktiv einzubringen.